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Serie «Job- und Topsharing: Erfolgsmodell für Betriebe und Mitarbeitende», Teil 2, 13.08.2024
13.08.2024Serie «Job- und Topsharing: Erfolgsmodell für Betriebe und Mitarbeitende», Teil 2 , Karin Gilgen, Leiterin Personalmanagement und Olivier Kissling, Co-Leiter Fachbereich Altlasten (beide BVD, Kanton Bern)

Topsharing bei der BVD - Eine 25-jährige Erfolgsgeschichte

Die Bau- und Verkehrsdirektion des Kantons Bern (BVD) ist eine Vorreiterin bei der Umsetzung neuer Arbeitsmodelle. Karin Gilgen, HR-Leiterin der BVD, erzählt von den Anfängen, den Herausforderungen und den Chancen von Topsharing. Olivier Kissling, Co-Leiter im Fachbereich Altlasten, teilt seine Erfahrungen als Teil eines Topsharingpaars aus erster Hand. Erfahre, wie Topsharing in der Praxis aussieht und worauf dein Betrieb achten muss, wenn er ein solches Modell einführen will.

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Karin Gilgen am Workshop vom 27.06. Foto: Damian Gunc

Topsharing scheint ein Modell zu sein, dass sich immer grösserer Beliebtheit erfreut. Karin, wann seid ihr auf diesen Zug aufgesprungen?

Karin Gilgen: Interessanterweise sind wir Vorreiterin in diesem Bereich. Bei uns begann das schon 1999 mit der ersten Co-Leitungsposition im Rechtsamt, die von zwei Juristinnen besetzt wurde. Damals war es eine sehr fortschrittliche Idee, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Seitdem haben wir mehrere Topsharing-Modelle etabliert - heute gibt es acht Co-Leitungen in vier Ämtern . Fast die Hälfte der Mitarbeitenden in der Berner Kantonsverwaltung sind Frauen. Dieses Verhältnis zeigt sich erfreulicherweise auch im Kader. Das zeigt, dass Modelle wie Topsharing, aber auch Teilzeitmöglichkeiten in Kaderfunktionen nicht nur funktionieren, sondern auch essenziell für eine diverse und flexible Arbeitsumgebung sind.

«Modelle wie Topsharing, aber auch Teilzeitmöglichkeiten in Kaderfunktionen funktionieren nicht nur - sie sind auch essenziell für eine diverse und flexible Arbeitsumgebung.»

Olivier, du teilst die Führung des Fachbereichs Altlasten mit Nicole. Wie kam es dazu und welche Erfahrungen habt ihr bisher gemacht?

Olivier Kissling: Nicole und ich haben bereits zehn Jahre zusammengearbeitet, bevor die Co-Leitungsposition im Fachbereich Altlasten geschaffen wurde. Mit viel Überzeugungsarbeit und Unterstützung durch unseren Abteilungsleiter konnten wir das Modell umsetzen. Seit 15 Monaten teilen wir uns nun die Führung. Es ist eine spannende Herausforderung, da wir beide keine vorherige Führungserfahrung hatten, aber wir haben viel voneinander gelernt und das Vertrauen zwischen uns ist sehr gross.

Ihr habt zwei unterschiedliche Perspektiven auf das Job- und Topsharing. Karin, du aus dem HR und du Olivier, arbeitest selbst in einem Topsharing. Welche Vorteile seht ihr jeweils im Topsharing?

Karin Gilgen: Die Vorteile sind vielfältig. Für die Arbeitnehmenden bedeutet es mehr Flexibilität und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für die Arbeitgebenden bringt es Vertretbarkeit, breiter abgestützte Entscheidungsprozesse und eine größere Diversität. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind solche Modelle sehr attraktiv.

Olivier Kissling: Ich kann dem nur zustimmen. Durch die geteilte Verantwortung und die gegenseitige Ergänzung unserer Fähigkeiten können wir Entscheidungen besser durchdenken und Risiken minimieren. Es schafft auch eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit, was sich positiv auf das gesamte Team auswirkt.

«Die geteilte Verantwortung schafft eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit, was sich positiv auf das gesamte Team auswirkt.»

Olivier, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit in der täglichen Praxis?

Olivier Kissling: Wir haben klare Aufgabenteilungen, aber es ist wichtig, dass wir beide stets informiert sind und im Falle einer Abwesenheit die Aufgaben des/der anderen übernehmen können. Transparente Kommunikation und regelmäßiger Austausch sind das A und O. Es hilft, dass wir uns gegenseitig ergänzen – Nicole bringt andere Kenntnisse und Erfahrungen mit als ich, was unser Team insgesamt stärkt.

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Olivier Kissling am Workshop vom 27.06. Foto: Damian Gunc

Wie merkt man, ob zwei Personen für ein Topsharing geeignet sind?

Karin Gilgen: Ein zentrales Element des Auswahlprozesses ist das Assessment. Wir versuchen dabei, verschiedene wichtige Informationen über die Bewerberinnen und Bewerber zu erhalten, beispielsweise Konfliktfähigkeit oder sich ergänzende Persönlichkeitseigenschaften. Es ist wichtig, dass die beiden Personen gut zusammenarbeiten können und bereit sind, Spannungen auszuhalten.

Olivier Kissling: In unserem Fall war das Vertrauen von Anfang an da. Wir haben vorher lange zusammengearbeitet und haben somit schon eine Kommunikation aufgebaut. Wir haben auch im Vorfeld geklärt, wie wir mit möglichen Konflikten umgehen und wie wir unsere unterschiedlichen Arbeitsweisen und Stärken optimal nutzen können

Welchen Herausforderungen seid ihr im Zusammenhang mit Topsharing begegnet und wie habt ihr die gemeistert?

Karin Gilgen: Eine der größten Herausforderungen ist es, alle Beteiligten von den Vorteilen des Job- und Topsharing-Modells zu überzeugen. Es braucht Zeit und Geduld, um alte Strukturen aufzubrechen und neue Ideen zu etablieren. Doch durch transparente Kommunikation und positive Beispiele konnten wir viele Skeptikerinnen und Skeptiker überzeugen.

«Es braucht Zeit und Geduld, um alte Strukturen aufzubrechen und neue Ideen zu etablieren.»

Olivier Kissling: Für Nicole und mich war es zu Beginn schwierig, die anfängliche Skepsis innerhalb der Amtsleitung zu überwinden. Mit viel Engagement und durch das Vorleben der Vorteile konnten wir zeigen, dass das Modell funktioniert. Unsere unterschiedlichen Hintergründe und die enge Zusammenarbeit haben dazu beigetragen, dass wir als starkes Team wahrgenommen werden.

Welche Reaktionen bekommt ihr von den Mitarbeitenden auf das Modell Topsharing?

Karin Gilgen: Die Reaktionen sind überwiegend positiv, besonders wenn die Vorteile in der Praxis erlebt werden. Die Mitarbeitenden schätzen die erhöhte Erreichbarkeit und die verschiedenen Perspektiven in der Führung.

Olivier Kissling: In unserem Fall gab es anfängliche Unsicherheiten, insbesondere was die Aufgabenteilung und Zuständigkeiten betraf. Aber durch regelmäßige Teambesprechungen und klar definierte Verantwortungsbereiche konnten wir diese Bedenken ausräumen. Jetzt sehen die Mitarbeitenden die Vorteile, und das Vertrauen in das Modell ist gewachsen.

Was würdet ihr anderen Organisationen raten, die überlegen, Job- oder Topsharing einzuführen?

Karin Gilgen: Mutig sein und ausprobieren! Wichtig sind eine gute Vorbereitung und klare Kommunikation. Es braucht eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit, um solche Modelle erfolgreich zu implementieren. Außerdem sollte man bereit sein, aus Fehlern zu lernen und kontinuierlich Anpassungen vorzunehmen.

Olivier Kissling: Dem stimme ich zu. Es ist wichtig, dass beide Partner gut zusammenpassen und sich gegenseitig ergänzen. Ein transparentes und offenes Arbeitsumfeld erleichtert den Einstieg und den laufenden Betrieb. Zudem ist es hilfreich, Unterstützung und Coachings in Anspruch zu nehmen, um den Übergang zu erleichtern