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Werkplatz Égalité im Gespräch mit Christoph Hänni, 14.12.2023
14.12.2023Werkplatz Égalité im Gespräch mit Christoph Hänni , Co-Filialleiter Bücher Lüthy Biel

Mit Kopftuch gemeinsam zum Erfolg

Maryam Schöni trägt Kopftuch. Die junge Frau absolviert bei Bücher Lüthy in Biel ihre Lehre als Buchhändlerin und erzählt im Dokumentarfilm «Kopfstoff» von ihren Erfahrungen mit Kopftuch in der Erwerbswelt. Was bedeutet es aus betrieblicher Sicht, eine Frau mit Kopftuch anzustellen? Christoph Hänni, Co-Filialleiter von Lüthy Biel, schildert im Interview, wie sich das Unternehmen mit dieser neuen Situation auseinandergesetzt hat.

Christoph Hänni, Maryam ist eure erste Mitarbeiterin mit Kopftuch. Lief bei ihrer Anstellung alles wie gewohnt?

Christoph: Es wäre schön, wenn das Kopftuch keine Rolle gespielt hätte. Tatsächlich aber tauchte bereits bei Maryams Bewerbung zum Schnuppern im Team die Frage auf: Könnte es in irgendeiner Weise ein Problem darstellen, dass sie Kopftuch trägt? Wir meinten nein, und dem Schnuppern stand nichts im Weg. Erst als es um die Lehrstelle ging, fanden längere Gespräche mit der Geschäftsleitung und der HR-Abteilung statt.

Worum ging es da konkret?

Etwa um die Möglichkeit, dass Kund*innen unsere Lernende persönlich angreifen würden. Wir mussten besprechen, wie wir damit umgehen und in solchen Situationen reagieren würden. In diesem Zusammenhang reflektierten wir auch unsere eigene Haltung zum Kopftuch – und damit war für uns klar, dass der Mensch im Zentrum steht, nicht die Frage, welche Kleidungsstücke diese Person trägt.

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Teilnehmerinnen diskutieren im Workshop «Qualifikation und Inklusion: Zugang von Frauen mit Migrationshintergrund zum Arbeitsmarkt». Quelle: Werkplatz Égalité

Gab es denn schon negative Begegnungen mit der Kundschaft?

Effektiv nur sehr wenige, und ich war nie selbst dabei. Ob, wann und wie ich eingreifen müsste, ist allerdings auch eine individuelle Frage: Maryam zum Beispiel sagt, dass sie gut für sich selbst einstehen kann. Und wie im Film zu sehen ist, verlassen dank ihrer Kompetenz auch Kund*innen mit Vorurteilen den Laden zufrieden. Vielleicht kann sie so bei manchen zu einem Umdenken beitragen.

Eure Auseinandersetzung mit dem Kopftuch unterstreicht die Bedeutung einer offenen Grundeinstellung und der Bereitschaft, die Trägerin zu schützen. Aber provokativ und mit einem unternehmerischen Blick formuliert, schadet es doch vor allem dem Geschäft, wenn sich die Kundschaft am Kopftuch stört und deshalb fernbleibt.

Wie der Film «Kopfstoff» exemplarisch zeigt, kann die direkte zwischenmenschliche Begegnung auch dazu beitragen, Vorurteile bei der Kundschaft abzubauen. Zudem spricht Maryam etwas Arabisch. Damit kann sie viele Menschen unterstützen und beraten, die wir sonst nicht so gut erreichen. Auf diese Weise gewinnen wir auch neue Kund*innen, die einen solchen Service schätzen. Gerade in einer Stadt wie Biel mit ihrer Bevölkerungsstruktur ist das wichtig.

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Maryam Schöni Erzählt im Film «Kopfstoff» von ihren Erfahrungen als Kopftuchträgerin in der Arbeitswelt. Quelle: Kopfstoff

Hat sich eure Wahrnehmung von Menschen mit Kopftuch verändert, seit Maryam im Team ist?

Ja, das hat bei uns schon einen Prozess ausgelöst: Wir müssen uns immer wieder unserer Vorurteile bewusst werden und sie kritisch betrachten. Manchmal halte ich inne und frage mich: «Ui, warum denke ich jetzt das?». Dann besprechen wir das gemeinsam, das hilft.

Würdet ihr wieder eine Frau mit Kopftuch anstellen?

Ja, absolut!

Was gibst du Unternehmen mit auf den Weg, die ebenfalls vor dieser Entscheidung stehen? Was ist nötig, damit dieser Schritt gelingt?

Zunächst die zentrale Erkenntnis und Überzeugung: Es ist die Person, die zählt. Es ist nicht das Kopftuch. Ganz allgemein sollte das Aussehen einer Person nicht zählen. Entscheidend ist auch, sich nicht von Ängsten leiten zu lassen, etwa davor, was die Kundschaft denken könnte. Wir sollten uns selbst auch die Chance geben, Menschen fair zu beurteilen.

Weitere Informationen zum Thema

  • Der Film «Kopfstoff» kann gratis nachgeschaut werden: Kopfstoff – gggfon
  • Im Blogbeitrag Fachkräftemangel? Nicht bei uns! zeigt Frieda, die feministische Friedensorganisation, welchen Hürden Migrant*innen beim Arbeitsmarkt-Eintritt begegnen, wie diese abgebaut werden können und was das alles mit dem Fachkräftemangel zu tun hat.