Interne Lohngerechtigkeit fördert die Motivation und Zufriedenheit von Mitarbeitenden und trägt zu einem positiven Arbeitsklima bei. Wie können Unternehmen faire und nachvollziehbare Lohnstrukturen aufbauen? Wo setzen sie am besten an? Und wie kann gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit in diesem Prozess sichergestellt werden?
Im Workshop von Werkplatz Égalité am 17. September 2025 haben drei Unternehmen ihre Erfahrungen und Ansätze zur Umsetzung von Lohngerechtigkeit vorgestellt. Im folgenden Interview teilen sie ihre unterschiedlichen Beweggründe, Methoden und die dabei gewonnenen Erkenntnisse.
Zu den Unternehmen:
Interactive Things ist ein 2009 gegründetes Design Studio, welches datengetriebene, digitale Produkte entwickelt. Mit rund 21 Mitarbeitenden bietet das Unternehmen Dienstleistungen in Design und Entwicklung an und ist spezialisiert auf die Visualisierung komplexer Daten. Gleichstellung, Diversität und Inklusion gehören zu den Grundwerten des Studios.
rubmedia ist eine Full-Service-Kommunikationsagentur, die seit vier Generationen geführt wird. Rund 35 Mitarbeitende arbeiten hier in den Bereichen Kommunikationsberatung, Journalismus, Fotografie, Social Media, Mediengestaltung und Grafik. Die Unternehmenskultur ist geprägt von Heterogenität, Kreativität und einem hohen Anspruch an Fairness.
Puzzle ITC bietet seit über 25 Jahren innovative IT-Lösungen an und engagiert sich stark für Open-Source-Projekte. Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Nachwuchsförderung prägen die Unternehmenskultur. Ein grosser Teil der Belegschaft arbeitet Teilzeit.
Warum habt ihr euch entschieden, Lohngerechtigkeit aktiv anzugehen?
Christian Siegrist, Interactive Things: Wir haben ein Lohnsystem entwickelt, weil wir als Unternehmen gewachsen sind. Wir wollten ein transparentes und faires Lohnsystem etablieren, das auf dem Grundprinzip gleicher Lohn für gleiche Leistung fusst.
Bruno Santschi und Gertrud Schober, Puzzle ITC: Eine unserer wichtigsten Visionen ist «we care»: wir wollen uns in nachhaltiger Weise um unsere Mitarbeitenden kümmern, dazu gehört auch, dass wir unsere Mitarbeitenden entsprechend ihrer Erfahrungen fair entlöhnen.
Pascal Rub, rubmedia: Als Geschäftsführer einer Kommunikationsagentur mit heterogenem Team wollte ich sicherstellen, dass unsere Löhne fair und transparent sind. In Lohngesprächen verkaufen sich manche Mitarbeiterinnen unter Wert. Die Logib-Lohnanalyse hilft mir, dies zu erkennen und auszugleichen.
«In Lohngesprächen verkaufen sich manche Mitarbeiterinnen unter Wert. Die Logib-Lohnanalyse hilft, dies zu erkennen und auszugleichen»
Ihr setzt unterschiedliche Akzente bei der Förderung der Lohngerechtigkeit. Welche Massnahme zeichnet euer Unternehmen aus?
Pascal Rub, rubmedia: Wir nutzen das Logib-Tool seit 2008, um die Lohngleichheit regelmässig zu überprüfen. Bei festgestellten Diskrepanzen analysieren wir die Ursachen und nehmen Anpassungen vor.
Christian Siegrist, Interactive Things: Wir haben ein kompetenzbasiertes Lohnsystem entwickelt, das auf dem Grundsatz basiert: Gleicher Lohn für gleiches Kompetenzlevel, egal welches Alter oder Geschlecht. Die Löhne sind transparent – vom Junior bis zur Geschäftsleitung wissen alle, wie viel sie verdienen. Ein jährlicher 360 Grad-Feedbackprozess hilft uns, die Kompetenzen unserer Mitarbeitenden im gegenseitigen Austausch zu bewerten und gegebenenfalls ihre Lohnposition anzupassen.
Bruno Santschi und Gertrud Schober, Puzzle ITC: Unser eigenes Punktesystem bewertet Berufserfahrung, Ausbildung und Zertifikate. Seit zwei Jahren berücksichtigen wir zusätzlich auch Care-Arbeit in der Lohnberechnung. Wir haben viele Mitarbeitende in Teilzeit und wollten sicherstellen, dass auch unbezahlte Care-Arbeit wie Kinderbetreuung in die Lohnbemessung integriert werden. Es war uns wichtig, diese Lebensrealitäten anzuerkennen.
Welche Chancen und positiven Auswirkungen habt ihr festgestellt?
Christian Siegrist, Interactive Things: Wir stellen fest, dass die Entwicklung eines Lohnsystems Vertrauen schafft und zu einer hohen Zufriedenheit und starken Bindung unserer Mitarbeitenden geführt hat. Dass wir eine geringe Fluktuation haben und junge Talente gewinnen können, sind klare Indikatoren für den Erfolg unseres Modells.
Pascal Rub, rubmedia: Auch bei uns stärkt die regelmässige Überprüfung der Lohngleichheit das Vertrauen unserer Mitarbeitenden und ist auch ein Argument bei Bewerbungen. Zudem ist es ein Marketinginstrument, indem es unsere Aussenwahrnehmung als fairer Arbeitgeber verbessert.
Bruno Santschi und Gertrud Schober, Puzzle ITC: Die Anrechnung von Care-Arbeit bei der Lohnfestsetzung ist für uns ein weiterer Schritt bei der Realisierung unserer Vision, uns nachhaltig um unsere Mitarbeitenden zu kümmern. Durch die Berücksichtigung von Care-Arbeit in der Anrechnung von Erfahrungen fördern wir die Gleichstellung, tragen zu einer gerechteren Verteilung der Einkommen bei und leisten damit auch einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.
«Die Anerkennung von Care-Arbeit im Lohnsystem führt zu einer gerechteren Entlohnung und stärkt das Bewusstsein für Gleichstellung im Unternehmen»
Welche Herausforderungen habt ihr dabei gemeistert?
Pascal Rub, rubmedia: Logib bildet nicht alle lohnbestimmenden Variablen unseres Unternehmens ab und die Anwendung ist teils nicht ganz einfach. Man muss zu Beginn etwas Aufwand investieren, aber dieser ist bald amortisiert. Ich kann es nur empfehlen, Logib als Richtschnur zur Überprüfung der Lohngleichheit zu nutzen.
Bruno Santschi und Gertrud Schober, Puzzle ITC: Die Entwicklung eines eigenen Punktesystems hat viel Zeit beansprucht. Die Integration von Care-Arbeit in unser Punktesystem war ein innovativer Schritt, der bei unseren Mitarbeitenden sehr positiv angekommen ist.
Christian Siegrist, Interactive Things: Die Entwicklung eines objektiven, kompetenzbasierten Lohnsystems war herausfordernd. Logib bot uns eine wertvolle Orientierung, um unser eigenes Lohnsystem auf Lohngleichheit und angemessene Lohnentwicklung zu prüfen.
«Das Logib-Tool bot uns eine wertvolle Orientierung bei der Überprüfung unseres Lohnsystems»
Was würdet ihr anderen Unternehmen empfehlen, die Lohngerechtigkeit umsetzen möchten?
Bruno Santschi und Gertrud Schober, Puzzle ITC: Berücksichtigt nicht nur Berufserfahrung, sondern auch Lebenserfahrung wie Care-Arbeit. Dies fördert die Gleichstellung und anerkennt unbezahlte Arbeit.
Pascal Rub, rubmedia: Nutzt Tools wie Logib zur regelmässigen Überprüfung der Lohngleichheit. Sie bieten wertvolle Erkenntnisse und stärken das Vertrauen in eure Lohnpolitik.
Christian Siegrist, Interactive Things: Setzt auf Transparenz und bezieht eure Mitarbeitenden in den Prozess mit ein.
Fazit
Allen Unternehmen ist die Aufgabe gemeinsam, in ihrer Lohnpraxis gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern sicherzustellen. Die Beiträge zeigen, dass es verschiedene Motive und Herangehensweisen gibt, um diese Aufgabe im Unternehmen anzugehen. Interne Lohngerechtigkeit ist ein Thema mit vielen Ansatzpunkten, um ins Handeln zu kommen. In den Interviews wird deutlich, dass Lohngerechtigkeit nicht nur ein gesetzliches Gebot ist, sondern auch ein strategischer Vorteil sein kann. Durch faire und transparente Lohnsysteme können Unternehmen die gute Zusammenarbeit im Team fördern und sich als fairen Arbeitgeber positionieren. Die Webtools «Logib» Modul 1 und 2 sowie «Logib Lohnsystem» des Bundes sind hilfreiche Tools, die Unternehmen bei der regelmässigen Überprüfung der Lohngleichheit sowie bei der Entwicklung eines eigenen Lohnsystems unterstützen.