Am Abschlussevent des Jahreszyklus 2021 von Werkplatz Égalité tauschten sich die Teilnehmenden in der Denkbar von Edorex darüber aus, wie Gleichstellungsprozesse angestossen und Lösungen erarbeitet werden können, wenn das Mandat für die Gleichstellungsförderung im Betrieb noch sehr offen formuliert ist und wenig Ressourcen zur Verfügung stehen. Von den erarbeiteten Lösungsvorschlägen kann die ganze Werkplatz-Community profitieren.
Wir lernten kreative Methoden kennen, mit denen Herausforderungen und Widerstände in der Praxis bearbeitet werden können und wendeten diese sogleich an. Ich werde euch nachfolgend auf eine Reise durch den Workshop mitnehmen.
Gleichstellungssituation mit Lego Serious Play analysieren und Lösungen kreativ erarbeiten
Wie steht’s um die Gleichstellung in meinem Unternehmen? Mithilfe von Legosteinen analysieren wir zu Beginn eine fiktive Gleichstellungssituation. Wir stellen Zusammenhänge in Formen und Farben dar. Eine übergeordnete Leitfrage gibt das Thema vor. Zum Beispiel: Wie kann das Teilzeit- und Jobsharing-Angebot in meinem Betrieb gefördert werden?
Danach wird gebaut. Wer ist involviert, wer muss überzeugt werden und wer unterstützt mich? Existieren Gegenstände, die mir im Weg stehen? Wie nah an meiner Figur befinden sich die Gegenstände? Das Ziel ist, mit den Händen zu denken, die Vorstellungen nicht in Worte, sondern Klötze zu fassen und mit Figuren, Formen und Farben die gegebenen Strukturen darzustellen.
Das Modell bringt allfällige Problemzonen physisch zum Ausdruck. Herausforderungen und Widerstände werden nicht nur sicht- sondern auch spürbar. Möglicherweise sind sie auch kleiner als gedacht. Noch ergiebiger wird die Methode, wenn verschiedene Personen mit der gleichen Fragestellung ein Modell erarbeiten und dieses der Gruppe vorstellen.
Selbstverständlich kann nicht nur die aktuelle Ist-Situation, sondern auch ein Lösungsansatz auf diese Weise gebaut, vorgestellt und diskutiert werden. Eine am Anlass entwickelte Idee war, diese Modelle der verschieden Mitarbeitenden zu fotografieren und auszustellen. Damit werden Brennpunkte der Gleichstellung einmal anders verbildlicht. Als täglicher Reminder macht das Modell auch auf dem Schreibtisch eine gute Figur.
Die Situation ist analysiert - wie weiter? Welche Lösungen gibt es? Welche Ansätze sind erfolgversprechend? Was bewährt sich?
Kollegiale Beratung - Ideen wachsen gemeinsam
In Gruppen haben wir die praktische Umsetzung von Diversity- und Gleichstellungsmassnahmen diskutiert. Dabei haben wir die Methode der kollegialen Beratung angewandt und das in der Gruppe vorhandene Potenzial an Erfahrungen und beruflichem Background genutzt.
Die Methode der kollegialen Beratung funktioniert in sieben Schritten. Mit den ersten beiden kommt die Gruppe zusammen und eine Person legt ihren Fall dar, erläutert ihre Fragestellung. In einem dritten Schritt formuliert die Person das Ziel, welches erreicht werden soll. Beim vierten Punkt stellen die anderen Personen Rückfragen zum geschilderten Fall. Hierbei ist wichtig, dass noch keine Ratschläge und Ideen kommuniziert werden, sondern Verständnisfragen zum Thema im Zentrum stehen.
Nach der Rückfragerunde dürfen die Personen der Gruppe ihre Ideen, Vorschläge und Lösungsansätze mitteilen. Die beratene Person kommentiert die vorgebrachten Inputs noch nicht. Bei Schritt sechs und sieben gibt die beratene Person ihr Feedback zu den Ideen und im Anschluss können die Lösungsansätze noch vertieft, diskutiert und reflektiert werden.
Verstärkung ausfindig machen
Gleichstellungsmandate sind oft sehr offen formuliert und vom Engagement von Einzelpersonen abhängig, zum Beispiel aus dem HR. Häufig stehen zu Beginn des Prozesses keine oder kaum Ressourcen zur Verfügung. Wie können vor diesem Hintergrund Gleichstellungsmassnahmen initiiert werden? Dazu wurde die Idee diskutiert, nach unterstützenden Kräften im Unternehmen zu suchen. Gibt es Personen im Kader, die sich für Gleichstellung stark machen und ins Boot geholt werden können?
Gibt es Personen im Team, die sich für Gleichstellung und Diversity einsetzen möchten?
Zusätzliche helfende Hände und Inputs bringen Gleichstellungsanliegen weiter. Zudem lässt sich damit signalisieren, dass Anliegen und Massnahmen breiter abgestützt sind. Werkplatz Égalité bietet an verschiedenen Workshops die Möglichkeit, dass zwei Personen aus einem Unternehmen am Austausch guter Praxis teilnehmen können. Dies bestärkt die Multiplikation von Ideen, Wissen und Erfahrungen im Unternehmen.
Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Teams abholen
Martina Becker hat uns im Workshop gezeigt, dass für die erfolgreiche Einführung einer neuen Diversity- und Gleichstellungsmassnahme der Rückhalt der Mitarbeitenden wichtig ist. Wir haben am Workshop Ideen und Erfahrungen diskutiert, wie mittels Umfragen Einschätzungen, Wünsche und Bedürfnisse von Mitarbeitenden abgeholt werden können.
Wie werden die betrieblichen Bedingungen und Strukturen in Bezug auf die Gleichstellung oder die Vereinbarkeit wahrgenommen? Was läuft aus Sicht der Mitarbeitenden gut und was sollte verbessert werden? Welche konkreten Lösungen werden nachgefragt? Gibt es im Team innovative Vorschläge? Der Miteinbezug der Bedürfnisse hilft mit, dass Massnahmen von grösstmöglichem Nutzen für Mitarbeitende sind und mitgetragen werden.
Sichtbarkeit von guter Praxis verbessern
In der Charta für Lösungsansätze schlägt Martina Becker vor, die Vorteile von Gleichstellungs- und Diversitymassnahmen aufzuzeigen und funktionierende Beispiele sichtbar zu machen. Wie gelingt dies? Folgende Ideen und Erfahrungen wurden am Abschlussevent erarbeitet: Eine Videobotschaft, in welcher die Personen im Jobsharing ihre Erfahrungen schildern, vermittelt den Mitarbeitenden und Führungskräften die gute Praxis lebendig.
Blogs, Interviews oder Kurzfilme sind geeignete Plattformen um Vorbilder und gute Praxis im Unternehmen sichtbar zu machen.
Interviews auf dem Intranet mit Mitarbeitenden, die bereits erfolgreich Teilzeit oder in einem Jobsharing arbeiten, verbessern die Akzeptanz für neue Arbeitsmodelle auf allen Ebenen. Blogs auf der Betriebswebsite mit Portraits von Mitarbeitenden mit gelingender Vereinbarkeit geben gegen innen wie aussen ein offenes Betriebsklima zum Ausdruck. Sie veranschaulichen das Potenzial von vereinbarungs- und gleichstellungsfreundlichen Arbeitsbedingungen, denn: würden angesichts des Fachkräftemangels Mitarbeitende im Unternehmen bleiben, wenn die Arbeitsmodelle nicht stimmen? Am Anlass zogen wir in Bezug auf Sichtbarkeit das Fazit:
Gesichter und Menschen überzeugen mehr als abstrakte Konzepte.
Regelmässiger Austausch mit Führungskräften
Damit Gleichstellungsinitiativen im Betrieb erfolgreich werden, müssen sie top down mitgetragen werden. Regelmässiger Austausch mit der Geschäftsleitung und Führungskräften ist unumgänglich. Die Ideen, um mit der Geschäftsleitung in Kontakt zu kommen, sind vielfältig:
Regelmässig organisierte Kaffeepausen mit Input und Austausch zum Thema unter Beteiligung aller Hierarchiestufen oder die Einführung eines Breakfast-Clubs mit der Auflage, dass immer eine Person der Geschäftsleitung teilnehmen muss, sind Beispiele dafür. Das übergeordnete Ziel ist, die Teilnehmenden aus ihrer gewohnten Umgebung zu holen und eine Plattform zu generieren, wo Zahlen, Fakten, Erfolgsgeschichten, Bilder der Legomodelle oder die Ergebnisse von Umfragen präsentiert und diskutiert werden können.
Sind solche regelmässigen Treffen verankert, können dort auch verschiedene Methoden für kreative Lösungsideen ausprobiert werden. Der Austausch ermöglicht zudem, die Verantwortung zu teilen. Welchen Beitrag können die Kader und die Geschäftsleitung fürs Thema leisten? Wie können sie zukünftig eingebunden werden? Welche Möglichkeiten haben sie, das Thema gegen innen und aussen wirkungsvoll zu vertreten?
Diese und viele weitere spannende Erkenntnisse nehmen wir aus unserem Abschlussevent des Zyklus 2021 von Werkplatz Égalité mit. Im kreativen Setting der Denkbar von Edorex haben wir Ideen getankt, Kontakte geknüpft und Massnahmen entwickelt - alles mit dem Ziel, Diversität und Gleichstellung in Unternehmen zu fördern und weiterzubringen.
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